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Wie
katalogisiert man ein Buch? Ein Leitfaden nicht nur für Einsteiger |
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Was sollen Bibliothekskataloge? | Material zu Regeln und Formaten | Zur Zukunft des Katalogisierens |
Für
Skeptiker gibt es ein weiteres Papier:
Wozu überhaupt katalogisieren?
Nicht nur Bücher kann man katalogisieren. Was hier beschrieben wird, gilt auch für andere Dokumente, und zwar sowohl für materielle wie für digitale Objekte. Ob deshalb ein grundlegendes Umdenken notwendig sein könnte, ein Paradigmenwechsel gar, wird an anderer Stelle behandelt. Für
das Katalogisieren
gibt es
Regeln. In Deutschland heißen sie zur Zeit
noch RAK. Diese
Regeln umfassen einige hundert Paragraphen. Wie kann man da den
Überblick gewinnen? Sind sie alle nötig? Sind sie zu
kompliziert? Wo und wie kann man vereinfachen? Werden die künftigen internationalen Regeln RDA (Resource Description and Access) einfacher und besser sein?
2009 erschien eine deutsch kommentierte Übersicht zu RDA von H. Wiesenmüller. ==> Ferner gibt es ein inoffizielles deutschsprachiges Vorwort zu RDA mit Übersetzung der Einleitung, aktualisiert Mai 2015.
In der RAK-Datenbank
wird es erstmals sichtbar: die Paragraphen sind bunt,
und das
nicht ohne Grund: |
Mehrere
Arbeitsschritte sind nötig, um
ein Buch zu katalogisieren:
Schritt 0 | Begriffe klären | Man sollte wissen, wovon
man redet. |
Schritt 1 | Bibliographische Beschreibung | Welche Einzelheiten sind zu erfassen? |
Schritt 2 | Auswahl der Eintragungsstellen | An welchen Stellen soll man's hinterher finden können? |
Schritt 3 | Ansetzung der Namen und Titel | Wie sind die Namen und Titel zu schreiben? |
Schritt 4 | Einordnung | Wie will man die Daten sortiert haben? |
Bei den einzelnen Schritten sind unten jeweils die zuständigen
Kapitel und Paragraphen der RAK angegeben. Ein Klick blättert
dann
die Übersicht auf. Zuerst aber ein paar
Vorüberlegungen, die noch nicht zu den Regeln gehören: Was
katalogisieren wir überhaupt?
Aber noch was zum Inhalt, um den es ja dem Suchenden eigentlich geht:
Das Abstrakte
des Inhalts, also die geistige Leistung, wird immer als Werk
bezeichnet - obwohl es auch nicht leicht zu sagen ist, was "Werk" denn genau bedeutet. Aber wie auch immer, im Katalog möchte man erkennen, um welches Werk es sich handelt. Doch was
man konkret im Moment des Katalogisierens in der Hand hat, die sog. Vorlage, das ist
nicht das Werk selbst, sondern nur ein Exemplar einer Ausgabe des Werkes.
Wobei aber, und das merkt man heute viel deutlicher als
früher, die Ausgabe auch
noch ein Abstraktum ist (engl. expression),
denn es kann physisch verschiedene Versionen davon geben (engl. manifestation):
Buch, Datei, Film, ..., jeweils mit unterschiedlichen Titeln in
verschiedenen Sprachen. Solche Einzelheiten gilt es zu beachten und zu
bedenken: ist dies wichtig für den Katalogbenutzer, soll man es
also erwähnen, und wenn ja, in welcher Form? Nach heutiger
Meinung
ist jede vorhandene Version (und nicht nur jede Ausgabe!) ein Gegenstand, der
für sich katalogisiert werden sollte. (Soweit war man bei RAK
auch
schon, aber man bezeichnete einfach alles als
"Ausgabe", auch wenn es nur
physisch verschiedene, aber inhaltsgleiche Versionen waren.) Wenn heutzutage jemand katalogisiert, dann passiert das am Bildschirm (früher an der Schreibmaschine). Und dabei müssen Daten in Formularfelder eingetragen werden. Diese Datenfelder bilden zusammen ein Datenformat. Jedes System mag an der Oberfläche anders aussehen, die meisten haben aber intern ein bestimmtes, normiertes Datenformat, oder sie können wenigstens ihre Daten in einem Standard-Format ausgeben und auch solche Standard-Daten umwandeln und dann Daten mit anderen austauschen (daher die alte Bezeichnung "Austauschformat"). Bekannt sind die Standards unter Namen wie MAB, MARC, Pica3 oder Konsolidiertes Format (allegro), und 2006 erschien ein Neutralformat für Metadaten. An ein paar Beispielen kann man sehen, wie stark sich die Formate unterscheiden. Das Thema Bibliothekarische Datenformate ist ein dickes Kapitel für sich. Tip: Fleißig abkupfern! Für frühestens 2014 ist die schrittweise Einführung des ganz neuen Regelwerks RDA geplant. Entwürfe werden in der Fachwelt seit 2006 diskutiert. Die Library of Congress möchte, daß vorher ein neues Datenformat wenigstens als Entwurf geschaffen wird. Dazu wurde Ende 2011 ein Rahmenkonzept veröffentlicht. |
Farbe
Schwarz
auf Weiß
(das spricht für sich)
Begriffe : RAK-Kapitel 1 (§§ 1-36) (RFK Kap. 0) (RDA: Glossary [nicht frei zugänglich]) Worum geht es?Man sollte wissen, wovon man redet - sonst denkt sich der eine dieses und die andere jenes, und das endet in einem Morast von Fehlverständnissen und im Chaos der Uneinheitlichkeit! Die Begriffe der Katalogisierung (z.B. Urheber, Ausgabe, Einheitstitel, ...) sind teilweise von der Umgangssprache oder Alltagsbedeutung ein gutes Stück entfernt, das ist nicht zu vermeiden. Zwar ist die Katalogisierung selber keine Wissenschaft, aber sie sollte mit ihrer Begrifflichkeit durchaus nicht weniger sorgfältig umgehen als eine Wissenschaft. Immer neue Fremd- und Kunstwörter sind dabei nicht unbedingt hilfreich... |
Farbe
Blau (wie Beschreibung)
Schritt 1. Bibliographische Beschreibung : RAK-Kap.2 (§§ 101-193) (RFK Kap.1-12) (RDA: Chapter 1-16) Eine kurze, standardisierte Beschreibung, die möglichst genau die wesentlichen Angaben enthält, die das Buch knapp charakterisieren und die es von anderen unterscheidbar machen. Zum Beispiel so: Vor allem das, was auf dem Titelblatt steht - doch nicht immer steht dort alles, was wichtig ist. Und nicht immer gibt es wirklich ein Titelblatt, wie z.B. bei AV-Medien und bei Online-Publikationen. Was kommt dabei heraus?
Datenbank: eine Liste von entsprechenden Datenelementen (auch "Datenfelder" oder "Kategorien" genannt).Übrigens: Beschreibungsregeln sind längst international! Zwar sind RAK und AACR unterschiedlich formuliert, aber was am Ende rauskommt, ist dasselbe. In diesem Bereich macht es also keinen nennenswerten Unterschied, welches Regelwerk man anwendet. Die Norm heißt ISBD (International Standard Bibliographic Description), entwickelt von der IFLA seit 1969. Das Beispiel oben zeigt, wie das aussieht. Was kann man
vereinfachen? Die Punkt-Komma-Bindestrich-Regeln der ISBD braucht man in Online-Umgebungen meistenteils nicht mehr zu kennen, denn man gibt Daten in Felder ein und die Software setzt die Interpunktion dazwischen, wenn die Daten dem Nutzer dann wirklich in ISBD-Form angezeigt werden sollen. |
Farbe
Gelb
(wie: zur Geltung bringen)
Schritt 2.
Festlegung der Eintragungen
Zuerst überlegen (noch nichts schreiben!), an welchen Stellen im Katalog das Buch hinterher zuverlässig auffindbar sein soll - welche Zugriffe oder Sucheinstiege man also dem Nutzer bieten sollte. Was ist dabei wichtig? Grundsätzlich können an einem Buch mehrere Personen (als Verfasser, Herausgeber etc.) beteiligt sein, ferner mehrere Körperschaften (Organisationen, Institute etc.), und das Buch kann auch mehrere Titel haben (z.B. einen Paralleltitel in anderer Sprache, auch kann der Umschlagtitel anders lauten). Die Regeln bestimmen, welche dieser Namen und Titel zur Geltung kommen sollen, sprich: zu Eintragungen zu verarbeiten und damit auffindbar zu machen sind, und evtl. in welchen Kombinationen (Person+Titel). Manchmal müssen solche Angaben erst ermittelt werden, so z.B. oft der Originaltitel [Fachwort: Einheitstitel] (wenn die vorliegende Ausgabe eine Überarbeitung ist oder eine Übersetzung). Was kommt dabei heraus? Eine Hilfsliste (oft nur im Kopf) von Namen mit Titeln usw., aus denen Eintragungen zu machen sind. (Bei "ganz normalen" Büchern ist es oft nur ein einziger Name, eben der des Verfassers, und ein einziger Titel.) Diese Liste ist nun die Grundlage für Schritt 3.Was kann man vereinfachen? |
Farbe
Grün (wie: Hoffentlich findet man das wieder!)
Schritt
3.
Ansetzung Kapitel 3 (§§ 201-208) : Allgemeine Ansetzungsregeln (insbes. für Titel) (RFK-Kap.24) RDA: Chapter 9 Kapitel 4 (§§ 301-342) : Namen von Personen ( RFK: §§ 301-349 ) RDA: Chapter 9 Kapitel 5 (§§ 401-486) : Namen von Körperschaften RDA: Chapter 11 Man nimmt die Liste aus Schritt 2 (vielleicht ist es nur ein einziger Name), und nun geht es um die genaue Schreibweise dieser Sucheinstiege, also der Namen und Titel. Genau diese Form wird dann bei der Suche zum Erfolg führen! Andere Formen, die in der Wirklichkeit ebenfalls vorkommen, sollen beim Suchen gleichfalls zum Erfolg führen? Dazu ist dann noch etwas mehr zu tun, s.u. das Stichwort "Normdaten". Das Problem: Der Name einer Person oder Körperschaft ist nicht immer in jedem Buch gleich geschrieben. Für die Einordnung in den Katalog braucht man aber eine einheitliche Form. Das Ziel ist auch hierbei: Zusammenführen was zusammengehört - die gesammelten Werke des Verfassers. Das klappt leider nicht automatisch, wenn ein Name mal so und mal so geschrieben ist. Dazu sind viele Regeln nötig, oft auch Ermittlungsarbeit in Katalogen und Bibliographien. Bei der Zettelkatalogisierung nimmt man je eine Kopie des in Schritt 1. erstellten Einheitszettels und schreibt die Ansetzungen als Köpfe oben darüber. Das ergibt die fertigen ("geköpften") Katalogzettel. Diese Köpfe könnten für das Beispiel so aussehen: Was kann man vereinfachen?
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Farbe
Grau
(wie alle Theorie)
Schritt 4.
Einordnung :
Kapitel 9
(§§
801-823) (RFK:
Kap.25
(Codes) und Indexrichtlinien ) Bei Online-Katalogen ordnet niemand etwas von Hand, sondern dafür ist die Software zuständig.Was ist dabei wichtig? Die alphabetische Folge bzw. die Anordnung der Register im Online-Katalog und die Anordnung von Ergebnissen in Kurzlisten sollte im Hinblick darauf durchdacht sein, vorhandene Eintragungen, z.B. bei den sehr produktiven Verfassern, übersichtlich zu machen (Motto: Gefundenes überschaubar machen). Zum Zweck der logischen Ordnung bestehen die Ansetzungsformen oft aus mehreren Teilen: es gibt Ordnungswörter (einzelne Wörter), Ordnungsgruppen (Namen, Titel) und Ordnungsblöcke (Name+Titel). Man hat beim Ansetzen darauf zu achten, an den richtigen Stellen Leerzeichen, Spitzklammern, Schrägstriche u.a. einzusetzen, sonst kann es Ordnungsfehler geben! Denn Programme erkennen nicht den Sinn der Einträge. Sie können also nicht sinngemäß ordnen, sie können nur Zeichen für Zeichen sortieren.Was kann man vereinfachen? In Datensystemen brauchen die KatalogisiererInnen die Ordnungsregeln kaum noch zu kennen: das Zettelgeschäft ist ja komplett weggefallen. Denn hier übernimmt die Software vollständig das Einordnungsgeschäft (das "Indexieren"): Die im Schritt 3. bestimmten Ansetzungen werden in Register oder Suchbegriffslisten einsortiert. Umso wichtiger ist es aber, die Schritte 2. und 3. korrekt durchzuführen, denn jedes Programm ordnet einen falsch geschriebenen Namen ganz mechanisch ein, also eben logisch falsch, einen gar nicht eingegebenen Namen aber gar nicht. Der menschliche Zetteleinleger bemerkt Schreibfehler dagegen u.U. noch beim Einordnen, ein Computer kann nicht in dieser Weise mitdenken. Mit anderen Worten: Was man nicht gut angesetzt hat, das kann eine Maschine auch nicht gut ordnen und leicht auffindbar machen. (Immerhin: ein Online-Katalog bietet ja noch andere Suchmöglichkeiten, d.h. ein Buch geht aus solchen Gründen nicht so leicht "verloren" wie im Zettelkatalog.) |