Stand: 2004-10-11

Bernhard Eversberg, UB Braunschweig

Linz 22.09.2004, Österreichischer Bibliothekartag

Themenkreis: Google und die Zukunft der bibliothekarischen Erschließung

 

1. Hat Katalogisierung Zukunft?

6. Machen wir überhaupt das Richtige?

2. Wie ändert sich Katalogisierung?

7. Was muß geschehen?

3. Wer macht was und wo?

8. Das Mitdenken fördern

4. Was sollen Kataloge?

9. Schlußspruch

5. Was brauchen Kataloge?

    Weiteres Material

 

Dieses Dokument zeigt die kommentierten PowerPoint-Folien des Vortrags. Die Kommentare konnten einerseits aus Zeitgründen nur zu einem kleinen Teil vorgetragen werden, zum andern gab es nach der Veranstaltung etliche Anregungen in einigen Gesprächen. Der Text wurde deshalb insgesamt nochmals erweitert und aktualisiert sowie brauchbare Links ergänzt.

 

1. Hat Katalogisierung Zukunft?

Solange es Offline-Dokumente gibt, die gebraucht werden, so lange muß es Katalogisierung geben. Möchte man meinen – vielleicht ist das aber doch zu oberflächlich gedacht! Google steht in Verhandlungen mit Verlagen, die ihre Titeldaten im Netz leichter auffindbar machen wollen, ohne aber die Volltexte preiszugeben: "Google Print" ist im Experimentierstadium. Das ist ein neuer Schritt auf den Käufer zu, völlig vorbei an den Bibliotheken. Bleiben über kurz oder lang nur die verlegerisch uninteressanten, älteren, nicht mehr im Handel befindlichen Werke, eine Art Bodensatz also, den Bibliotheken als Domäne übrig?

Das "Grundgesetz der Informationssuche" hat uns früher nicht viel ausgemacht: vieles konnte man ja nur in Katalogen suchen, und die waren eben so, wie sie waren. Dieses Gesetz ist ein Hauptgrund für den Erfolg von Google.

Heute haben Bibliotheken jedoch ein Marketingproblem: Gut erschlossene Bibliotheksbestände sind und bleiben notwendig! Diese Einsicht muß "verkauft" werden, sie ergibt sich nicht (mehr) von selbst. Und "gut erschlossene Bestände" heißt natürlich, daß gute Katalogisierung ihren Sinn behält: Gute Kataloge sind Stützpfeiler guter Bibliotheksarbeit.

 

 

 

 

 

 

1.1 Konkurrenten: Suchmaschinen

Wer heute irgendein Faktum braucht, wendet sich an Google – das Tätigkeitswort "googeln" wurde in den neuesten "Duden" aufgenommen! Diese Suchmaschine ist für viele gewissermaßen DAS Nachschlagewerk schlechthin und in weitestem Sinne. Diese Wahr­nehmung und die erlebte Funktionsweise prägen sicherlich die Erwartungs­haltung hinsichtlich anderer Nachschlagewerke, u.a. Bibliotheks­kataloge. Wir können nur vermuten (denn dazu sind uns keine Untersuchungen bekannt), daß Google für viele die Entdeckung der Einfachheit ist – wobei sie vorher von Nachschlagewerken oder ihrer Benutzung wenig oder nichts wußten. Wenn nun viele, die vorher wenig oder nichts fanden oder nicht wußten, wie sie es anstellen sollten, normalerweise etwas Brauchbares finden, heißt das noch nicht, daß die meisten damit schon in der Lage sind, in allen Fällen etwas Gutes zu finden. Es heißt auch nicht, daß Google das optimale Instrument für jede Informationssuche ist oder als Vorbild für jede Art von Katalog dienen kann (s.a. Kap. 8).

Gewiß, für die Faktensuche gibt es auch Instrumente wie z.B. die Wikipedia, aber selbst deren Inhalte werden wohl meistens per Google gefunden (Sept. 2004: 140.000 deutsche Artikel).

Wenn man Studien zur Erfolgsquote anstellt, sollte man nicht den Versuchs­personen Aufgaben stellen (und damit schon gewisse Suchbegriffe suggerieren), sondern versuchen herauszufinden, mit was für Themen und was für Eingaben sie tatsächlich Erfolge oder Mißerfolge erlebt haben.

Links: Google-Print,  Zur Theorie der Kataloge ...

 

 

1.2 Konkurrenten: Buchhandel

Amazon hat Namensnormierung und Einheitstitel, jedenfalls für die Musik. Man hat diese Dinge anscheinend neu erfunden; hätte man die Normdaten der LC genommen, könnte man leicht Quer-Abfragen zwischen beiden machen.

Z.B. hat Amazon: Pyotr Il'yich Tchaikovsky
aber die LC hat:
Tchaikovsky, Peter Ilich, 1840-1893

RAK dagegen:  Čajkovskij, Pëtr

Ferner katalogisiert Amazon auch alle Stücke einer Musik-CD, so daß sie einzeln auffindbar sind. Per "Search inside the book" sind in vielen Fällen auch die Wörter der Inhaltsverzeichnisse und der ersten Seiten suchbar.

Für den Privatbereich gibt es Softwaretools, um günstige Bücherangebote im Internet zu finden: z.B. "Book Browser". (Bibliotheken finden dabei keine Erwähnung, obwohl das Ausleihen von Büchern gar nichts kostet.)

 

Links:

Search inside the Book (Amazon)

 

Book Browser (mehrere Internet-Buchhandelskataloge absuchen)

 

CrossRef.org (Testphase mit zunächst 29 großen Verlagen)

 

 

1.3 Neue Zugänge zu Katalogdaten

Früher gab es zum Auffinden von Publikationen kaum Alternativen zu Katalogen, und um die zu benutzen, mußte man in die Bibliotheken gehen. Jetzt kann man Kataloge an jedem PC im Netz benutzen, aber auch viele andere Suchdienste können zu relevanten Publikationen hinführen, und diese lagern nicht unbedingt in Bibliotheken. Online-Dissertationen, digitalisierte Bücher und E-Zeitschriften mögen in Papierform auch in Bibliotheken vorrätig sein, aber finden und nutzen kann man sie auch ohne jene und ohne ihre Kataloge.

Siehe auch 3.3 "Sonderkataloge" (u.a. vascoda: die 21 Virtuellen Fachbibliotheken haben z.T. auch Katalogdaten einbezogen.)

Virtuelles Bücherregal und Open WorldCat sind ausdrücklich auf Google ausgerichtet. OAI ist nach allen Seiten offen, wird aber vorwiegend für Metadaten von E-Publikationen eingesetzt.

Links:

Federated searching

DigiBib NRW

Virtuelles Bücherregal

Open WorldCat

OAI (Open Archives Initiative)

 

 

1.4    Katalog  <-->  Suchmaschine

Rot: Nachteil, Grün: Vorteil.

Es fehlen Nutzungsstudien und Evaluationen, aber der Eindruck ist wohl nicht falsch, daß Suchmaschinen vorwiegend der schnellen Suche nach Fakten aller Art dienen, in Katalogen dagegen sucht man umfangreichere Darstellungen zum Lesen, Lernen und Studieren, die man typischerweise in Büchern findet. Nachschlagewerke aller Art haben deshalb in Bibliotheken schon viel von ihrem Stellenwert eingebüßt.

Zur Frage des "Ranking" speziell bei Google siehe 2.1, 4.4 und 6.2.

Techniken wie Trunkierung und Maskierung scheinen bei Suchmaschinen von geringer Bedeutung zu sein: Google kennt sie gar nicht. Volltext-Indexierung hat den Vorteil, daß im Text die wichtigen Wörter in mehreren Flexionsformen und Verbindungen vorkommen, daher wird meistens sowohl der Singular wie der Plural eines Suchworts gefunden werden, weil beide im Text auftreten.

 

 

 

 

1.5 E-Publikationen in Katalogen?

Wer eine Dissertation oder ein Buch braucht, weiß meistens nicht, ob es auf Papier oder digital vorliegt. Weil alle Papierausgaben nur im Bibliothekskatalog zu finden sind, sollte man dort im selben Suchvorgang auch die entsprechenden E-Publikationen finden können. Weil aber auch Publikationen viele Fakten enthalten, die (mangels Volltext-Indexierung) kein Katalog im einzelnen nachweist, müssen E-Texte für Suchmaschinen zugänglich angeboten werden. Für deutsche wissenschaftliche Server gibt es das Forschungsportal. Man hatte dort große Mühe, die relevanten Server alle ausfindig zu machen und an deren Inhalte heranzukommen!

Diese Einsicht hat sich noch nicht flächendeckend verbreitet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


2. Wie ändert sich Katalogisierung?

Kernfrage: Welche Dinge können Kataloge besser auffindbar machen als Suchmaschinen, und in welcher Weise? Was sind also die Objekte, die Eingang in Kataloge finden müssen?

Die Katalogisierung IST schon ein gutes Stück in die Zukunft katapultiert worden, wenn man bedenkt, was de facto schon alles gemacht wird, ohne daß eine Regelwerks-Revolution stattgefunden hat.

Einheitlichkeit, also Normierung, ist heute von weit größerer Bedeutung als je zuvor, denn virtuelle Kataloge und automatische Abfragen zwischen Katalogen können anders nicht zuverlässig funktionieren.

 

 

 

 

 

 

 

2.1 Typologie der Abfragen

Was auch Suchmaschinen gut können, ist mit + markiert.
Wir wissen wenig über die Häufigkeit und Gewichtung dieser Typen aus Nutzersicht! (Die Ausdrücke "Erinnerungs- und Entdeckungsrecherche" verwendete Robert Fugmann in: Information – Wissenschaft und Praxis, 55(2004)4, S.211-20.) Bei Entdeckungsrecherchen müßte man freilich unterscheiden zwischen dem bekannten Unbekannten (das z.B. schon in Klassifikationen oder Thesauri durchaus abgedeckt ist) und dem unbekannten Unbekannten, das vielleicht schon irgendwo behandelt wurde, vielleicht aber auch nicht oder unter anderen Aspekten.

Die Google-Methode der Gewichtung von Ergebnissen zielt darauf, das Vielzitierte und deshalb mutmaßlich Bekannte, Beliebte oder Wichtige nach oben zu bringen. Das ganz Neue, das noch weithin Unbekannte oder Unbeachtete, das noch wenig Zitierte schafft es deshalb nicht unter die Top 20. Wissenschaftliche Fragestellungen zielen aber nicht selten auf das Entlegene, das noch wenig oder gar nicht Erforschte. Interessant ist aber, was der Verlag Elsevier bei einer Umfrage ermittelte: nur 26% der Wissenschaftler meinen, für ihre Zwecke sei Google als Informationsquelle nicht ausreichend. Bibliothekare waren dagegen zu 63% besorgt, daß sich ihre Kunden zu sehr auf Google verließen... (LibraryConnect newsletter, Elsevier, June 2004, S. 5)

Entscheidend für den Sucherfolg bei einer Entdeckungs-Recherche ist oft, ob es prägnante Wörter gibt, die vorkommen müssen und die in anderen Zusammenhängen selten oder gar nicht vorkommen. Ist das nicht der Fall, wird es viel schwieriger.

Zufallsentdeckungen kann man selbstverständlich nicht systematisch fördern. Zettelkataloge haben durch sinnreiche Anordnung aber schon immer das "browsing" unterstützt und dadurch den Blick des Nutzers nicht selten auf brauchbare Dinge gelenkt, die ihm andernfalls entgangen wären (auch "Serendipity" genannt). Online-Kataloge könnten in dieser Hinsicht noch mehr tun; teilweise stellen sie schon durch Verlinkung vielerlei Navigations-Beziehungen her. Unbedingt notwendig sind auch gut gestaltete alphabetische Register, in denen freizügig geblättert werden kann.

Link: Topic Maps

 

2.2 Situation 2004 : International

FRBR ist in Mode, es ist aber keine vollkommen neue Idee!

Das Katalogisierungssystem IBIS der UB Bielefeld (daraus ging DABIS hervor) hatte schon in den 1970er Jahren die wesentlichen Züge des FRBR-Modells.

Alte Kataloge, z.B. die des Britischen Museums, der Bibliothèque Nationale, aber auch der Deutsche Gesamtkatalog, versuchten bei den "Vielschreibern" eine Anordnung des Materials, die sehr an die FRBR-Gliederung "Work – Expression – Manifestation – Item" erinnert. Anwendbar ist das Modell wegen des Aufwands sicher nicht auf die Gesamtheit aller Bestände, sondern in kleinen Teilbereichen. Die große Mehrheit der Dokumente erscheint ja nur in einer Ausgabe und Ausprägung, und dann ist FRBR gar nicht relevant.

 

Links:

IFLA

FRBR

Statement of Principles

VIAF (OCLC, DDB, LC)

OPAC-Gestaltungsrichtlinien

 

 

2.3 AACR3  (ab 2007)

AACR2 ist noch stark vom Zetteldenken geprägt. Nun kommt die Online-Orientierung, dann aber gleich ausdrücklich auf Web-Kataloge gezielt, nicht für Online-Kataloge ganz allgemein.

Spätestens wenn ein klares Bild der Neuerungen vorliegt, muß man die Frage des Umstiegs auf AACR2 neu stellen - man wird nicht mit großem Aufwand auf ein Auslaufmodell umsteigen wollen.

Dreh- und Angelpunkt wird dabei die Virtuelle Internationale Normdatei (VIAF) sein, vgl. 6.7.

Wichtig wird auch das Kap. 21 sein: wird es mit den sehr einfachen RFK-Regeln für die Sucheinstiege kompatibel sein? (siehe 2.4)

Ob es Verbesserungen in der Behandlung mehrteiliger Werke geben wird, und nach FRBR müßte es sie geben, bleibt abzuwarten. Es wird hierbei wohl aber weiterhin mehr um die Praxis gehen als um den Wortlaut des Regelwerks. D.h. man würde sich wundern, wenn etwas passiert...

Link:

Strategic Plan

 

 

 

 

 

2.4 Situation 2004 RAK-Land

Das größte Problem für uns ist die zukünftige Organisation und personelle Ausstattung der Regelwerksarbeit. Bei einer Übernahme der AACR wären Umfang und Anspruch dieser Arbeit nicht geringer, sondern eher größer, weil ja die Übersetzungstätigkeit und das Erarbeiten von Ausführungsbestimmungen hinzukommen. Wo sind, woher kommen die Fachleute mit den nötigen Kenntnissen, Neigungen und Kompetenzen, und wer gibt ihnen dafür die Zeit?

Die jetzt abgeschlossene DFG-finanzierte Projektstudie beschränkt sich auf einige Aspekte des anvisierten Umstiegs von RAK/MAB auf AACR/MARC, wobei die Wirtschaftlichkeitsstudie einen großen Raum einnimmt. Das letzte Wort ist über die Schlußfolgerungen sicher noch nicht gesprochen, zumal jetzt VIAF und AACR3 im Raum stehen!

Links

DFG-Projekt bei DDB, RFK, Personennamen-Vereinheitlichung, Sucheinstiege, Codierungsregeln

 

 

 

 

2.5 RFK  Regeln für die Formal-Katalogisierung

Damit der Teil 1 der AACR leicht übernommen werden kann, wird die Numerierung aller Kapitel und Paragraphen deren Struktur angepaßt.

Eine hohe Bedeutung für deutsche Bibliotheken hat die Harmonisierung der Personennamen: Es bestanden bisher zu viele Unterschiede zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken sowie zwischen den Formen, die für die formale bzw. inhaltliche Erschließung maßgeblich waren. Der jetzt vorliegende Harmonisierungsentwurf stützt sich wesentlich auf den Einsatz und die Weiterentwicklung der PND als Normdatei.

Neu gegenüber der Zettelwelt ist: Katalogisierer machen gar nicht mehr die ganze Arbeit: Indexierung, Präsentation, Abfragedialoge sind wichtige Teile eines Online-Katalogs; Vorgaben hierfür muß es geben, sie werden aber nicht vom Katalogpersonal umgesetzt.

Das führt zu der Frage, ob man im Zusammenhang mit Online-Katalogen denn überhaupt noch ein geschlossenes Regelwerk braucht – zumal dann, wenn diverse neue Anreicherungstechniken ins Spiel kommen (s.6.4). Wichtiger könnte es sein, die Erfassungssysteme zu normieren und darin dann jeweils die beim Ausfüllen von Datenfeldern zu beachtenden Regeln als kontextbezogene Online-Hilfe bereitzustellen. Hinzutreten muß freilich ein Lehrwerk, dies jedoch vielleicht besser multimedial und interaktiv: ein Ansatz dazu ist in Köln bereits in der Erprobung (von Materialien zur Formalerschließung von Winfried Gödert).

 

 

 


3. Wer macht was und wo?

Neben denen, die hauptamtlich mit Katalogisierungsnormen zu tun haben, gibt es heute sehr viele Stellen, wo experimentiert und neue Konzepte ausprobiert werden. Hinzu kommt, daß bestimmte EDV-Systeme mit ihren jeweiligen Besonderheiten die Katalogisierungspraxis beeinflussen können (um etwa bestimmte Abfragemöglichkeiten und Anzeige-Eigenschaften zu erreichen!). Innovationen und Sachzwänge verändern die Sichtweise der Betroffenen in Bezug auf die beim Katalogisieren zu beachtenden Dinge. Die hauptberuflichen Standardisierer haben manchmal nur ganz bestimmte (zufällige) oder keine derartigen Praxiserfahrungen.

Links:

IFLA / LC / JSC / MARBI

DDB: Standardisierungsbüro

Expertengruppen

RAK-Weiterarbeit       

Verbundzentralen

 

 

 

3.1 Verbund  <-->  Bibliothek

Gewiß kann ein Verbundkatalog dem Endbenutzer viel mehr Fundstellen bieten als ein lokaler OPAC. Doch für den Normalfall hat der lokale Bestand eine hohe Bedeutung, weil nur dieser direkt zugänglich ist. Die begrenzte Ergebnismenge eines OPACs hat deshalb in vielen Fällen einen hohen praktischen Wert, die u.U. viel größere Ergebnismenge des Verbundes ist dagegen subsidiär, Ergebnisse aus dem Ausland nur selten interessant.

Denkbar wäre: Ergebnisse so ordnen, daß Besitz der lokalen Bibliothek oben erscheint.

"Verbundkatalog statt OPAC" – wenn er denn genügend leistungsfähig ist - das hätte auch den Vorteil, daß dann mehr Einheitlichkeit erreicht würde, zumindest innerhalb einer Verbundregion.

Einheitliches Erscheinungsbild von Bibliothekskatalogen ist aber auf jeden Fall anzustreben: Bibliotheksbestände müssen deutlicher ins öffentliche Bewußtsein gerückt werden, und der Katalog ist das Tor zu den Beständen, d.h. zum aufgezeichneten Wissen der Welt, so wie die Google-Startseite das Tor zu den Internet-Quellen ist.

Warum dann nicht gleich der KVK als primärer Nutzerzugang? Weil ein virtueller Katalog notgedrungen weniger effizient ist als ein realer und weil die lokalen und die schnell erreichbaren regionalen Quellen, anders als im Internet, für Endnutzer eine wesentlich höhere Attraktivität haben.

 

 

3.2 Welche Arbeit wird wo gemacht?

Bis vor 20 Jahren (vor der Verbund-Ära) mußte man in jeder Bibliothek jedes Buch selber katalogisieren, d.h. die Zettel dafür selbst schreiben, vervielfältigen und einordnen! Der Anteil der Eigenkatalogisierung ist auf wenige Prozent geschrumpft, die manuelle Zettelarbeit ist komplett entfallen, in keinem anderen Bereich wurde der Arbeitsaufwand so stark reduziert. Das Potential für weitere Rationalisierung ist deshalb sehr begrenzt: auf Null läßt sich der Bedarf für qualifiziertes Personal nicht drücken.

In der Sacherschließung gibt es noch Nachholbedarf an Vereinheitlichung, und viel zu wenige Titel haben überhaupt Schlagwörter oder Notationen, besonders in Retro-Daten. Austausch größerer Mengen von Daten wurde erst vereinzelt praktiziert (Bayern -> BW).

 

Link

Sacherschließung

 

 

 

 

3.3 Sonderkataloge

Fernziel ist der alles nachweisende Gesamtkatalog mit Qualitäten einer umfassenden Bibliographie, aber Einbeziehung von Bestands- und Geschäftsgangsdaten. Vorerst aber müssen aus praktischen Gründen einige Sonderkataloge geführt werden. Integration in virtuelle Katalog-Zugangssysteme à la KVK ist aber schon jetzt weitgehend möglich.

 

Links

GW, VD16, VD17, VD18

ZDB

EZB

OPUS

MyCoRe

vascoda

CoOL

 

 

 

 

 

 


4. Was sollen Kataloge?

Die Frage ist alt, schon Dewey beantwortete eine etwas andere Fassung: "Was muß der Katalognutzer tun können?" Die FRBR (siehe 2.2) beantworten das mit vier Schlagworten:  find, select, locate, obtain.  Im neuen "Statement of Principles" kommt noch  navigate  hinzu. Diese Schlagworte sind zu pauschal, hier werden deshalb die daraus folgenden Aufgaben des Katalogs etwas ausführlicher formuliert.

Die hier folgende Darstellung ist zugleich eine Hinführung zu dem katalogtheoretischen Modell FRBR, das ansonsten eher abstrakt und datenbanktheoretisch formuliert ist.

 

Link:

Was sollen Kataloge?

 

 

 

 

 

 

 

4.1 Was sollen Kataloge? Verläßliches Finden ermöglichen

WAS kann man finden?

Dies hängt natürlich davon ab, was in den Katalog hineinkommt: Welche Objekte (sog. "Entitäten") werden katalogisiert (nur Bücher oder auch Beiträge, Gesamtwerk oder seine Teile oder beides?), wie werden Personen, Körperschaften (Abteilungen) und Titel (Titeländerung!) definiert?

 

WIE kann man es finden?

Nur bei formaler  Suche ist Verläßlichkeit weitgehend erreichbar, bei sachlicher  nicht. Denn es ist eine Frage der Relevanz: "Ist ein gefundenes Dokument für mein Thema und meine Absicht relevant?" Das ist subjektiv, das kann nur der Nutzer beurteilen. Ein wirkliches "relevance ranking" kann es deshalb gar nicht geben, weil die Absicht des Nutzers dem Programm nicht zugänglich ist.

 

 

 

 

 

4.2 Was sollen Kataloge? Unterscheiden, was verschieden ist

Titelaufnahmen sollten immer schon in knappster Form eine zuverlässige Identifizierung der Objekte ermöglichen. Schon am Katalog muß erkennbar sein, nicht erst beim Einblick in die Dokumente, ob man es mit unterschiedlichen Ausgaben oder Versionen zu tun hat. Die Suchmaschinen-Ergebnislisten lassen dies nicht immer zu, denn sie sind nicht hinreichend standardisierbar.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.3 Was sollen Kataloge? Zusammenführen, was zusammengehört

Ein "Zusammenführen" muß unter formalen und sachlichen Aspekten möglich sein.

Ein Set  ist eine Teilmenge der Datenbank. Welche Sets abrufbar sind, ist momentan nirgends normiert: Sachgebiete  wären besonders interessant – dazu bräuchte man eine grobe Allgemeinklassifikation.

Ein Code ist technisch gesehen nichts anderes als ein Normdatum; jeder Code führt die damit gekennzeichneten Datensätze zu einer Teilmenge der Datenbank zusammen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.4 Was sollen Kataloge? Gefundenes überschaubar machen

Ein mit Google vergleichbares Ranking können Kataloge nicht leisten: man müßte dazu die Zitate erfassen und zählen, wie oft ein Werk in anderen Werken zitiert wird. Der Science Citation Index leistet dies für Zeitschriftenaufsätze, für Bücher fehlt dazu die Möglichkeit.

Das Ordnen größerer Erg.Mengen nach Sachgebieten könnte hilfreich sein, aber es fehlt eine allgemein und flächendeckend angewendete Fachgruppen-Klassifikation. Evtl. kann man sie ableiten aus den vorhandenen Sachnotationen, wozu auch Aufstellungsgruppen zählen. Vielleicht ist die Liste der dreistelligen DDC-Nummern eine brauchbare Basis für eine Fachgruppen-Klassifikation.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.5 Was sollen Kataloge? Gewähltes zugänglich machen

 

Online-Kataloge müssen funktional integriert werden in alle Abläufe ("Workflows") der Bibliothekswelt. Das gilt nicht nur, aber ganz besonders für die Benutzungsfunktionen.

Die Erfassung korrekter und bestgeeigneter URLs oder URNs und deren regelmäßige Kontrolle ist ein neues Problem für die Führung von Katalogdatenbanken: man katalogisiert nun erstmals Dinge, die nicht unter der Kontrolle und nicht in den Mauern der Bibliothek stehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


5. Was brauchen Kataloge?

Kataloge brauchen Software, mit der die verschienenen Normen der Typen 2-4 umgesetzt werden können.

Eine Begriffsnorm wird auch gebraucht für die Ausdrucksweise an der Benutzeroberfläche.

Wünschenswert, aber für Online-Kataloge noch nicht existent, wäre eine Norm für die Präsentation: Wie sollen Titeldaten angezeigt werden (ISBD?), wie soll das Browsing in Ergebnismengen und Registeranzeigen aussehen? Anders als früher braucht ein Online-Regelwerk solche Normen nicht mehr zu behandeln, d.h. die ISBD kann weitgehend entfallen!

Ein IFLA-Papier zu den Fragen des OPAC-Design gibt es immerhin (s.2.2).

Sehr wichtig ferner für Interoperabilität (Virtuelle Kataloge): Normierung der Abfragesprache, und damit auch der Indexierung.

Relationale Datenbanken kümmern sich nicht um den Inhalt von Datenfeldern, das ist Sache des Anwenders. Metadaten-Strukturen wurden überwiegend von Datenbank-Leuten ausgedacht, die sich um den Inhalt der Datenelemente keine Gedanken gemacht haben.

Metadaten-Anwender waren häufig keine Bibliothekare und hatten daher keine Regelwerks-Kenntnisse noch war ihnen die Bedeutung solcher Regelwerke bewußt. Dublin Core ist in seiner Intention nur eine Begriffsnorm, mehr nicht! Beteiligte BibliothekarInnen hatten manchmal einfach nicht den Durchblick...

Suchmaschinen verwenden keine solchen Normen – das ist schlicht unmöglich, weil sie die Texte so nehmen müssen, wie sie sind.

 

5.1 Wozu brauchen sie das?

Katalogregeln sind Inhaltsnormen: sie regeln, wie die Inhalte der Datenfelder zu bilden ("anzusetzen") sind.

Die Wertnormen sind Ansetzungen, die regelgerecht gebildet wurden und die man entweder in die Dokument-Datensätze kopiert (so bei AACR/MARC üblich) oder mit denen man die Datensätze verknüpft (so z.B. in deutschen Systemen).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.2 Woran fehlt es?

Unsere Kataloge sind unzureichend durchnormiert, das ist das Hauptproblem. Ursachen dafür sind die lange und wechselvolle Vorgeschichte der Daten sowie ökonomische Zwänge, denn normkonformes Handeln kann teuer sein.

Wenn Normdaten ihr Wirkung richtig entfalten sollen, müssen sie überall verfügbar und leicht verwendbar sein (s.a. 6.7 "Normdaten-Google")! Davon sind wir weit entfernt, z.T. aus rechtlichen und z.T. aus organisatorischen Gründen (fehlende Software und Infrastruktur).

Besonders sachliche Erschließungsdaten sind zu wenig normiert und zu knapp oder gar nicht vorhanden. Normierungs- und Reformbedarf ist wohl in der Sacherschließung viel größer als in der formalen.

 

Link:

Indexierung

 

 

 

 

5.3 Daten-Aufwertung (upgrading)

Bei der "Aufwertung" geht es um das Verbessern von vorhandenen bibliographischen und Sacherschließungsdaten. Schlechte oder magere Daten z.B. aus Retro-Projekten können durch Einspeisen von Qualitätsdaten aufgewertet werden. Dazu können MARC-Daten gehören, und man muß dabei z.B. die Personen- und Körperschaftsnamen nicht überschreiben, man kann vielmehr die AACR-Namen hinzufügen, um das systemübergreifende Suchen zu erleichtern.

Etwas anderes ist die "Anreicherung" (enrichment), siehe 6.4, die auf eine Erweiterung von Katalogdaten um neue, bisher nicht erfaßte Elemente zielt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


6. Machen wir überhaupt das Richtige?

Damit haben wir eigentlich genug Probleme, um uns recht lange zu beschäftigen. Trotzdem sollten wir nach dieser Bestandsaufnahme einmal einige Schritte zurücktreten und über den Sinn und Nutzen des Ganzen nachdenken, und das im Licht der Einsichten, die wir aus der heutigen Situation gewinnen können.

Die klassischen Ziele des Katalogs sind aufs Ganze gesehen wohl nur für einen kleineren Teil der heutigen Publikationen relevant, und auch dann nur für einen kleinen Teil der Fragen eines Teils des Publikums (vor allem Philologen, Historiker, Theologen). Andererseits ist das FRBR-Modell mit den Entitäten Work/Expression/Manifestation/Item vielleicht für die im Web mögliche Vielfalt von Dateiversionen besonders geeignet. Aber das sind Vermutungen, die nur durch qualitative und quantitative Studien zu erhärten wären.

Dagegen sind die Vorstellungen der Endnutzer von den Leistungen der Kataloge notwendigerweise sehr heterogen, selten reflektiert, nicht selten weit jenseits der Möglichkeiten.

Wie auch immer: Bibliotheken müssen unbedingt dem (unreflektierten) Eindruck entgegenwirken, das Internet sei eine Alternative oder fast alles sei ja nun online. Wichtig ist auch das Erscheinungsbild, siehe 8.

 

6.1 Was sollen Kataloge? Die "Zentrale Erwartung"

"Was sollen Kataloge" – die bisher vorgestellten Punkte wurzeln tief in der Tradition bibliothekarischen Denkens. Zwar sind wir auch selber Katalogbenutzer, doch sind unsere Erwartungen dabei geprägt von den Aufgaben, die wir zu erfüllen haben, und diese Aufgaben sind von anderer Art als die der meisten Endnutzer:

Wenn man diese Frage an unvorbelastete Endnutzer stellt, kommt etwas ganz anderes heraus: die sog. "Zentrale Erwartung" würden sicherlich fast alle spontan unterschreiben. Sie ist zwar nicht erfüllbar, aber ein gutes Stück näher als bisher könnte man doch herankommen.

In vielen Fällen wäre jedoch dem Nutzer mit einer Anzeige wirklich aller relevanten Publikationen wenig gedient - es wären schlichtweg zu viele! Die Zentrale Erwartung würde dann erweitert auf die Forderung, die "relevantesten" Dinge sofort ganz oben zu sehen...

Die "Erinnerungsrecherche" (known-item search) wird in den Erwartungen der Nutzer kaum eine bewußte Rolle spielen und nicht spontan als besonderes Problem angesehen werden – brauchen tut sie gleichwohl jeder!

 

Link

Zentrale Erwartung prinzipiell unerfüllbar

 

 

6.2 Neues Katalogdenken?

Klassische Titelaufnahmedaten sind nicht geeignet, der Zentralen Erwartung viel näher zu kommen. Es müssen weitere Daten hinzutreten, dis bisher nicht erfaßt wurden. Das kann nur mit neuen Methoden gelingen, die wenig Personaleinsatz fordern: Scannen oder Bezug von Inhaltsdaten etwa von Verlagen (z.B. auch SwetScan).

Beispiel aus dem Privatbereich: "Amazon Cover Search" zum Auffinden von Buch- und CD-daten incl. Textmaterial bei Amazon und Übernahme in eigene Buchdatenbank.

Eine "Strukturierung" des eingescannten und in Textdaten umgewandelten Materials ist u.a. deshalb nötig, damit eine Gewichtung (Ranking) nach formalen Kriterien stattfinden kann: mindestens müssen Titelwörter ein höheres Gewicht haben als solche aus dem Inhaltsverzeichnis, diese ein höheres als Textwörter. Software muß also diese Bestandteile unterscheiden können. Dafür gibt es bisher keine Norm. HTML oder XML wäre nur die Strukturnorm!

Offen ist, ob und welche Normen für Inhalte und Werte mit solchen Modellen überhaupt umgesetzt werden können, d.h. welches Maß an Konsistenz hergestellt werden könnte.

Für eine linguistisch-lexikalische Analyse muß jede Sprache separat betrachtet werden, weil dafür ein speziell strukturierter Thesaurus vorhanden sein und gepflegt werden muß. In Bregenz und im GBV werden neben deutschen jetzt auch englische Daten verarbeitet.

Wertvoll wäre es, wenn ein möglichst großer Teil der Daten durch Sachgruppen-Notationen gekennzeichnet wäre; als gemeinsamer Nenner käme evtl. die 3stelligen DDC-Hauptgruppennummern in Betracht.

Für das Ranking in Katalogdatenbanken kommen weitere Kriterien in Betracht, die bisher dafür nicht herangezogen wurden: Stärkere Gewichtung für Dokumente, die in mehreren Auflagen und/oder Übersetzungen erschienen (Einheitstitel wird gebraucht), Ausleihhäufigkeit, Umfang. Doch mit wirklicher Relevanz im Sinne des Nutzers wird alles das nie voll übereinstimmen.

 

6.3 Sind Metadaten die Lösung?

Die Grundidee ist nicht sehr neu: CIP-Aufnahmen hatten ebenfalls das Ziel, wichtige Angaben direkt in die Publikationen einzubetten.

In vielen Fällen ist das "Einbauen" von Metadaten gar nicht möglich, z.B. alles "Altmaterial", meistens ist aber das Erstellen von getrennten Metadaten, also Katalogdaten, leichter durchführbar.

Fast immer sind die Produzenten nicht in der Lage, adäquate Metadaten bereitzustellen. Eingebettete Dublin-Core-Metadaten in Webseiten müssen stets nachgebessert werden (Projekt CORC bei OCLC), können aber als Grundlage helfen. Nur: Welche Web-Objekte lohnen eine Katalogisierung? Welche Angaben braucht man, damit Kataloge dann einen besseren Dienst leisten können als Suchmaschinen? Diese werten selber die Metadaten oft gar nicht aus, und zwar wegen des zu beobachtenden Mißbrauchs für Werbe- und andere Zwecke, z.B. um das Ranking zu manipulieren.

Von Konsistenz ist die Metadaten-Szene, aufs Ganze gesehen, weit entfernt. Die Vorstellung, Autoren könnten ihre Publikationen angemessen mit Metadaten ausstatten, kann man wohl als wirklichkeitsfremd einstufen.

Links:

DC  /   Semantic Web

 

 

6.4 Daten-Anreicherung (enrichment)

Bei der Anreicherung geht es darum, nichtbibliographische Daten mit einzubeziehen, weil die klassischen Katalogdaten für Entdeckungsrecherchen viel zu mager sind, d.h. zu wenig Wortmaterial enthalten. Außerdem kommen, anders als in Volltexten, viele Wörter nur in Flexionsformen (vor allem Genitiv und Plural) vor, an die ein Nutzer oft nicht denkt.

Beispiel: Landesbibliothek Bregenz. Dort werden die Inhaltsverzeichnisse gescannt, mit OCR in Text umgewandelt, dieser Text von einer Firma linguistisch-lexikalisch bearbeitet und das dabei entstehende Wortmaterial dann in den OPAC-Datensatz eingemischt und mit indexiert. Der GBV (Göttingen) hat begonnen, ebenfalls solche Verfahren einzuführen, nachdem der Südwestverbund mit "SWBplus" schon einige Zeit ähnliche Dinge gemacht hat.

Die Library of Congress hat eine Arbeitsgruppe, BEAT genannt (Bibliographic Enrichment Advisory Team), die zahlreiche Verfahrensweisen untersucht, wie bibliographische Daten angereichert werden könnten. Viele der dort betrachteten Methoden sind allerdings für das Retrieval nicht relevant, eher für das Navigieren und als Zusatzinformation für die Auswahl aus Ergebnismengen.

Links: Vorarlberger Landesbibliothek Bregenz,  OhioLink

 

6.5 XML-Datenbank?

Wenn mehr Wortmaterial die Kataloge bereichern soll, muß das mit einer wohlüberlegten Strukturierung geschehen, die über MARC und MAB hinausgeht. Ein XML-Schema wird gebraucht, um textliche Inhalte so zu strukturieren, daß sie sowohl maschinell leicht auswertbar werden als auch ansprechend präsentiert werden können.

Eine Datenbank intern mit XML zu gestalten, das sagt sich leicht, aber es ist noch nirgends überzeugend für Katalogdaten umgesetzt worden. Nichts würde dadurch automatisch sofort besser! Wirklich notwendig ist nicht mehr als das Exportieren und Importieren von Daten mit XML-Struktur. Intern kann jede Datenbank so bleiben, wie sie ist!

 

 

 

 

 

 

 

6.6 Neuer Oberflächentrend

Google mit seiner "Meinten Sie vielleicht ..."-Funktion zeigt ein Beispiel, wie man den Nutzer mit Hilfe einer Datenbasis unterstützen kann.

Eine Datenbasis ist nicht unbedingt besser: Generelle Indexierung von "...graph..." als "...graf..." und ebensolche Umwandlung der Nutzereingabe würde alle Fälle dieses speziellen Problems abdecken, eine Datenbasis aller Wörter mit "graph/graf"  wäre dagegen erheblich komplexer und immer lückenhaft.

Problem: Sehr hohe Komplexität bes. bei Mehrsprachigkeit, bei Aufbau und Pflege der Datenbasis.

Problem: Katalogübergreifende Zugriffe (Virtuelle Kataloge)

Erschwerend hinzu kommt die Wirrnis der Orthographie: Rechtschreibreformer haben nie diskutiert, wie sich die Änderungen auf Datenbanken auswirken.

In letzter Konsequenz kann die Sache soweit gehen, daß sowohl die Indexierung der Daten als auch die Vorbearbeitung der Nutzeranfrage nicht mehr vom Katalogsystem selbst erledigt wird, sondern von einem eigenen Server, der auch anderswo, z.B. beim Verbund, angesiedelt sein kann. Dies hätte den Vorteil, daß die Komplexität der datenbankgestützten Bearbeitung zentral nur an einer Stelle vorzuhalten und zu pflegen wäre. Man könnte das auch als "Interface-Outsourcing" bezeichnen.

 

 

6.7 Datenbankunterstützer Katalog

Das Prinzip des datenbankgestützten Katalogs ist es, sowohl die Indexierung wie auch die Behandlung der Nutzereingabe mit Hilfe von geeigneten Datenbanken (Wörterbuch- und Normdateien) zu unterstützen. Solche Datenbanken können Teil des lokalen Systems sein, sie könnten aber auch in ganz anderen Systemen liegen.

Hier eine Skizze für den Bereich der Namenssuche.

Vorstellbar ist ein Normdaten-Google, wofür die VIAF schon ein Prototyp sein will:  Die Suche fände in einem Normdaten-Gesamtpool statt (auch Klassifikationen und Thesauri müßten hinein), Ergebnisse würden dann so präsentiert, daß Einträge im Katalog der lokalen Bibliothek (oder ein Link dorthin) zuerst erscheinen, dann aber Hinweise auf Bestände anderswo: Verbund, DDB, LoC. Die Suchanfragen an die jeweiligen Kataloge würden, ohne daß dies der Nutzer wissen müßte, mit der jeweils richtigen Namensform bzw. IdNummer weitergereicht.

Ein Problem ist allerdings die Trunkierung, aber auch die Verbindung mit der Suche nach Titelstichwörtern, die ja nicht in gleicher Weise normiert werden kann wie Namen.

Eine umfassende Anwendung der VIAF für alle Namen ist jedoch sicher utopisch. Besonders dann, wenn Aufsatzdaten hinzukommen, wird man den Umfang des Namensmaterials nicht bewältigen können. Problematisch sind jedoch vorwiegend alte Namen bis etwa zur Renaissance und transliterierte Namen, moderne europäische ansonsten weniger.

Zur Illustration: Klassifikations-Testdatenbank, darin sind Teile der LC-Klassifikation, Dewey, Basisklassifikation und ASB vereinigt, mit Verlinkung zum allegro-OPAC der UB Braunschweig bzw. Stadtbibl. Altena.

 

 

 


7. Was muß geschehen?

Das Einbringen von digitalen Objekten und Internetquellen in Kataloge geschieht noch nicht nach einem koordinierten Plan. Dazu muß eine Politik erst noch ausgearbeitet werden, um die vielen technischen Lösungen zusammenzubringen. Wenn man z.B. den Verbundkatalog als primären Nutzerkatalog etabliert (s. 3.1), dann brauchen digitale Quellen und Zeitschriftenaufsätze nur dort nachgewiesen zu werden.

Wir wissen viel zu wenig über das heutige Suchverhalten und die Notwendigkeiten der Endnutzer. Ohne solches Wissen tappen wir aber im Dunkeln hinsichtlich der Entwicklung der Katalogisierung.

Zwischen den Verbünden kann noch viel ausgetauscht und die Daten gegenseitig verbessert werden, bes. auch Sachdaten! Aber auch AACR-Daten kann man einmischen, doch ohne RAK-Daten zu überschreiben. Aufwertung und Anreicherung sind erst in Ansätzen realisiert, es kann noch viel geschehen, doch muß man sich über Verfahren und Normen einigen.

 

Nur das VIAF-Konzept kann die grenzüberschreitende Suche nachhaltig verbessern, ohne zu massiven Einschnitten zu zwingen.

Katalogisierung liefert nur noch einen Teilbeitrag zur Erschließung weltweiter Bestände. Die weitere Entwicklung muß daher auf eine bessere Integration der Katalogisierungsprodukte in den größeren Zusammenhang bedacht sein. Man muß auch fragen: "Was brauchen wir nicht zu machen?". Dabei aber nicht vergessen: Google ist ein geschenkter Gaul, auf den wir keinen Einfluß haben. Keiner weiß, wie lange er es noch macht, und wie lange noch kostenlos. Es wäre leichtsinnig, auf ein Phänomen wie Google Strategien zu gründen.

Ein Normdaten-Google (s. 6.7) müßte Katalogisierern wie Endnutzern das schnelle und bequeme Suchen und Blättern in Normdaten aller Art ermöglichen, sowie das leichte Übernehmen beim Katalogisieren und das sofortige Weiterleiten in Kataloge beim Suchen. Als Prototyp dafür kann man VIAF betrachten.

Außerdem muß man generell das Erscheinungsbild und die Funktionsweise der Kataloge überdenken und vereinheitlichen, insbes. auch das Vokabular, mit dem man den Nutzer konfrontiert.

 

 

 

 

 


8. Das Mitdenken fördern

Bibliotheken und Internet zusammen umfassen nichts anderes als die angesammelten Einfälle, Erfahrungen, Erkenntnisse und Erinnerungen aus allen Zeiten und Regionen, in allen Sprachen, zu allen Themen und von ungezählten Personen dieses Planeten. Das Navigieren in diesem mehrdimensionalen Universum kann kein Kinderspiel sein...

Aber das Technikvertrauen oder die Technikgläubigkeit ist anscheinend um so größer, je weniger ein Nutzer wirklich von der Arbeitsweise von Datenbanken versteht. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Datenbankkunde zu vermitteln, aber wir sollten durchaus die Dinge nicht so erscheinen lassen, als sei alles "ganz einfach". Das Nutzen von Suchsystemen ist heute eine Kulturtechnik, die entscheidend ist für den Erfolg vieler Menschen bei vielen Aufgaben. Es scheint aber so, daß selbst die Nutzung simpler alphabetischer Register keine Selbstverständlichkeit ist, auch Techniken wie Trunkierung, Maskierung und gezielter Einsatz logischer Kombinationen sind kaum bekannt.

Wenn wir erst genauer wissen, wie gesucht wird und was gebraucht wird, sollte mit professioneller Hilfe (Lern- und Werbepsychologen?) ein Muster-Tutorial entwickelt werden, das in ansprechender Form notwendiges Wissen vermittelt und neugierig macht auf die Erkundung von Möglichkeiten jenseits simpler Einwort-Suchmaschinen-Abfragen.

Beispiel für das Web: die Suchfibel von S. Karzauninkat, Mit-Urheber des noch sehr neuen Suchdienstes seekport.

Wichtig wäre, solche Techniken in die Schul- und Hochschulcurricula einzubauen ...

 

 

 


9. Schlußspruch

 

 

Ein guter Zettelkatalog war immer mehr als die Summe seiner Zettel: er erleichterte den Überblick und das Entdecken durch die sinnreiche Anordnung der Zettel und durch Leitkartensysteme.

"Ökonomie der geistigen Arbeit" ist eine Notwendigkeit für jeden, der mit dem heutigen Überangebot von Publikationen und Informationsmaterialien zurechtkommen und noch eigene Leistungen erreichen will.

Das Wort von der "Nationalökonomie des Geistes" stammt von Adolf von Harnack, 1921. Man hört heute in diesem Zusammenhang auch den Ausdruck "Wissensorganisation". Es ist jedoch, genau genommen, nicht das Wissen selbst, das in den Bibliotheken organisiert wird, sondern es sind Aufzeichnungen, und es geht dabei nicht um das Organisieren an sich.

Ökonomie ist der sinnvolle Umgang mit knappen Ressourcen.

Womit ökonomisch umzugehen ist, das ist die Zeit und Aufmerksamkeit des Nutzers! Hier liegt die Knappheit, nicht bei den Beständen an Dokumenten und Aufzeichnungen, zumal im Online-Zeitalter, das die Verbreitung und den Zugriff technisch enorm erleichtert hat. Es gilt, die richtigen und qualitätvollen Aufzeichnungen zur Aufmerksamkeit des Nutzers zu bringen und die notwendige Sichtung mit geeigneten Methoden zu erleichtern, damit er seine Zeit nicht mit dem Wühlen in großen Massen zweitrangigen oder irrelevanten Materials vertut.

 

 

 


Weiteres Material

 

http://www.allegro-c.de/formate/  Material zu Formaten und Regelwerke

Zur Theorie der Kataloge und Suchmaschinen : Vergleichende Tabelle Katalog<->Suchmaschine

Katalogisieren - muß das sein? Für Skeptiker

Kleine RAK-Hinführung : Wie katalogisiert man ein Buch?

Eine seltene Sache : Der Erfolg bei der sachlichen Suche

Sachliche Erschließung : Aufgabe mit vielen Facetten

 

Klaus Graf: Enriched Content : Viel Material zur Anreicherung von Katalogen (2004)

Mit vielen Links zu Projekten weltweit

 

 

Pierre Gavin: Die Zukunft der Katalogisierung - Die Katalogisierung der Zukunft (2003)

Schwerpunkt Schweiz

 

 

Jürgen Kästner: 10 Thesen zur Katalogisierung der Zukunft (2002)

                Vielerlei Gedanken zur Umgestaltung des Katalogwesens

 

 

 

 

 

 

Zur Theorie der Kataloge u. Suchmaschinen  Vergleichende Tabelle der Eigenschaften und Funktionen

 

Katalogisieren - muß das sein? Für Skeptiker

 

RAK-Hinführung : Wie katalogisiert man ein Buch

 

Sachliche Erschließung : Aufgabe mit vielen Facetten

 

Eine seltene Sache : Der Erfolg bei der sachlichen Suche




Klaus Graf: Enriched Content - Anreicherung von Bibliothekskatalogen (2004)

Viele Links zu Projekten

Pierre Gavin: Die Zukunft der Katalogisierung – Die Katalogisierung der Zukunft (2003)

Schwerpunkt Schweiz

Jürgen Kästner: Die Katalogisierung der Zukunft: 10 Thesen (2002)

Vielerlei Gedanken zur Umgestaltung des Katalogwesens